Warum die Digitalisierung nur mit Agilität zu bewältigen ist

Endlich! Nachdem die Veranstaltungen der Handelskammer beider Basel zuletzt meist online stattfinden konnten, lud die Organisation am 23. Juni zu einem physischen Event. Dabei berichteten verschiedene Vertreter der Baloise über ihre Erfahrungen mit der Digitalisierung in einer agilen Organisation.

Von Andreas Maeder

Beweglichkeit, Flexibilität, Agilität. In Zeiten, in denen in immer kürzerer Zeit Produkte entwickelt und Kundenwünsche erfüllt werden wollen, ist eine effiziente, kundenorientierte Arbeitsweise für die meisten Unternehmen unabdingbar. Während kleine Betriebe hierbei einen Vorteil haben, scheitern grosse Firmen häufig an festgefahrenen Strukturen. Dass es anders gehen kann, zeigt die Baloise. Bereits 2010 hat die IT-Abteilung der Versicherung ihre Organisation umgestellt und den Scrum-Prozess eingeführt. Bei dieser Methode werden Produkte und Applikationen in kurzen Zyklen, sogenannten Sprints, iterativ umgesetzt. Wie das funktioniert, erläuterten am 23. Juni im Stadion St. Jakob verschiedene Vertreter der Baloise am «be-digital»-Event der Handelskammer beider Basel. Die Referenten erklärten, was «Agilität» im Alltag konkret bedeutet – und welche Herausforderungen damit verbunden sind. Dazu wurden vier Inputreferate zu den Themen Führung, User Experience Design, Innovation und Scaled Agile Framework (SAFe) durchgeführt.

Kultureller Wandel in der Unternehmensführung

So unterschiedlich die Themen auch sein mögen, so ähnlich sind die Herausforderungen. So zeigte sich: Agilität ist bei der Baloise nicht nur ein Schlagwort, sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor. Das zeigt sich etwa bei der Führung von Mitarbeitenden, was auch Thomas Gössel, Stv. Linienmanager, IT Schweiz betonte. Beweglichkeit sei etwa beim Einstellungsprozess gefragt. «Noch bevor wir die technischen Fähigkeiten im Detail bewerten, schauen wir, ob eine Person in unser Team passt.» Dazu gehöre, dass die Kandidierenden in der Lage seien, Impulse zu geben und Innovationen voranzubringen. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Fragen, mit denen sich das Unternehmen beschäftigen muss. Wie steht es um die Karrieremöglichkeiten in einer agilen Organisation? Wer hat das letzte Wort, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten kommt? Wie wird die Bonusvergabe geregelt? Und wie geht die agile Teileinheit mit der traditionellen Restorganisation um? Obwohl sich Fragen wie diese selten auf die Schnelle lösen können, ist für Thomas Gössel klar: «Agilität ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die Unternehmen mitbringen müssen, um langfristig überleben zu können.»

«Agilität ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die Unternehmen mitbringen müssen, um langfristig überleben zu können.»

Thomas Gössel
Stv. Linienmanager, IT Schweiz

Baloise setzt auf ausgereifte Prototypen

Eine Etage weiter oben teilten Laurent Tauber und Martin Kaiser ihre Erfahrungen zum Thema Customer Experience mit den Zuhörerinnen und Zuhörern. In ihrem Referat fokussierten sie sich auf das Vorgehen in der Entwicklung von neuen Kundenanwendungen. «Bei diesem Prozess müssen wir einerseits die Probleme aus dem Fachbereich verstehen, andererseits aber auch die exakten Kundenwünsche kennen.» Dafür arbeitet das Unternehmen oftmals mit ausgereiften Prototypen. Um diesen Prozess möglichst effizient und kostengünstig durchzuführen, setzt die Baloise auf ein Design System, das es erlaubt, innert kurzer Zeit mehrere Prototypen zu erstellen und je nach Bedarf die Funktionen, Gestaltung oder weitere Elemente anzupassen. Bevor ein Produkt lanciert wird, führt die Versicherung qualitative und quantitative Feedbackrunden durch – dies etwa in Form von Usability-Events oder Online-Umfragen. Der Einbezug der Nutzer könne nicht hoch genug bewertet werden, sind sich die Experten einig: «Je mehr man in diesem Bereich investiert, desto besser der Outcome.»

Kulturwandel entsteht nicht von heute auf morgen

Dass sich die Baloise heute als agiles Unternehmen bezeichnen kann, hat nicht zuletzt mit der Einführung des sogenannten Scaled Agile Frameworks (SAFe) zu tun. Die Methode beinhaltet ein Set von grundlegenden Prinzipien, Prozessen und Best Practices, die primär grossen Unternehmen helfen sollen, agile Methoden zu adaptieren, um letztlich bessere Produkte und Services entwickeln zu können. «SAFe fördert die Abstimmung, Zusammenarbeit und Ausführung über zahlreiche Teams hinweg», erklärt Sebastian Ziemke, Processes & Competence Manager. Bevor ein Unternehmen von dem Verfahren profitieren könne, brauche es laut Ziemke Zeit und Geduld. «Ein solcher Kulturwandel entsteht nicht von heute auf morgen. Entscheidend ist, dass die Mitarbeitenden gezielt abgeholt werden.» Genauso verhält es sich auch mit der Digitalisierung als Ganzes: Veränderung geschieht nicht über Nacht, sondern Schritt für Schritt.

«Ein solcher Kulturwandel entsteht nicht von heute auf morgen. Entscheidend ist, dass die Mitarbeitenden gezielt abgeholt werden.»

Sebastian Ziemke
Processes & Competence Manager

be-digital Erfahrungsaustausche

Genau deshalb wird die Handelskammer beider Basel auch künftig Firmen bei der digitalen Transformation unterstützen sowie Veranstaltungen zu dem Thema durchführen.

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