«1 Million Downloads sind erst der Anfang»

Das Basler Start-up Typewise will mit seiner Tastatur-App den weltweiten Smartphone-Markt erobern. Geht es nach CEO und Co-Founder David Eberle (35), ist das Potenzial der App fast grenzenlos.

Von Andreas Maeder

David Eberle, was macht Typewise besser als andere Smartphone-Tastaturen? 
Typewise wurde komplett neu konzipiert, um eine optimale Tipperfahrung auf dem Smartphone zu erreichen. Laut einer Studie der ETH Zürich schreiben drei Viertel aller Handy-Nutzer mit zwei Daumen – deshalb haben wir auch unsere Tastatur darauf ausgerichtet. Mit Typewise lässt sich nicht nur eine höhere Tippgeschwindigkeit erreichen, auch die Fehlerquote senken. 

Was macht Sie da so sicher? 
Die Studie mit 37’000 Teilnehmern hat darüber hinaus aufgezeigt, das jedes fünfte auf dem Smartphone geschriebene Wort Tippfehler enthält. Dank unserem patentierten Hexagon-Layout sind die Tasten deutlich breiter und einfacher zu treffen. Das reduziert Tippfehler um bis zu 80 Prozent.

Wie ist die Idee für Typewise entstanden? 
Mein Geschäftspartner Janis Berneker und ich kennen uns aus unserer gemeinsamen Zeit am Gymnasium Oberwil. Während unserer Studienzeit bauten wir gemeinsam eine kleine Online-Marketing-Agentur auf. Irgendwann kam Janis mit der Idee einer neuen Tastatur auf mich zu. 

Braucht es ein solches Produkt wirklich? 
Hinter der Idee von Typewise steht die Tatsache, dass die klassische Tastatur vor 150 Jahren für mechanische Schreibmaschinen entwickelt wurde und seither nie mehr weiterentwickelt wurde. Im Gegensatz zur Schreibmaschine tippt man auf dem Smartphone aber nicht mit zehn Fingern, sondern bloss mit zwei Daumen. Zudem bieten Smartphones heute viel mehr Möglichkeiten als die Maschinen damals. Ich denke zum Beispiel an die neuen Möglichkeiten von Touchscreens und Wischgesten. 

«Hinter der Idee von Typewise steht die Tatsache, dass die klassische Tastatur vor 150 Jahren für mechanische Schreibmaschinen entwickelt wurde und seither nie mehr weiterentwickelt wurde.»

David Eberle

Wie wurde aus der anfänglichen Idee ein funktionierendes Produkt? 
Zunächst einmal brauchten wir etwas Kapital. Dafür verwendeten wir den Profit, den wir durch unsere Agentur-Tätigkeit gespart hatten. Danach haben wir einen Studenten angestellt, diverse Nutzerumfragen durchgeführt und ein Proof of Concept entwickelt. 

Wie ging es danach weiter? 
Wir haben ein Crowdfunding über Kickstarter.com lanciert. Damals lief unser Produkt noch unter dem Namen «WRIO Keyboard». Das Spendenziel haben wir 15'000 Dollar eher tief angesetzt – trotzdem konnten wir das Geld natürlich sehr gut gebrauchen. Zudem konnten wir durch die Aktion 800 «Fans» generieren. Dadurch hatten wir die Chance, unser Produkt im engen Austausch mit den potenziellen Nutzern weiterzuentwickeln. Viele der ersten Nutzer sind bis heute dabei geblieben. 

Etwa später haben Sie in der TV-Show «Höhle des Löwens» abgeräumt und ein Investment von 300'000 Franken erhalten. Wofür brauchen Sie das Geld? 
Einerseits konnten wir unser Produkt damit schneller weiterentwickeln und andererseits mehr Geld ins Marketing investieren. Das sind zwei Schlüsselelemente, die es braucht, um als Unternehmen zu wachsen. Das müssen wir auch tun, denn schliesslich setzen wir seit 2019 zu hundert Prozent für Typewise. Kurz darauf konnten wir weitere Investoren finden, die uns insgesamt 1 Million Franken zusicherten. Ein Grossteil davon investierten wir in unser Personal. Mittlerweile zählen wir zehn Mitarbeitende, die auf der ganzen Welt verteilt sind.

Wie haben Sie dieses Netzwerk aufgebaut? 
Das war in der Tat eine Herausforderung. Einige unserer Programmierer arbeiten von Serbien aus, unser Marketing-Team sitzt in Moskau. Bei diesem Prozess kam mir zugute, dass insgesamt zehn Jahre im Ausland gelebt habe. Aber klar: Wir lernen immer noch jeden Tag dazu. Die «Tech»-Welt war Neuland für mich. Das ist ein riesiger Markt mit seinen ganz eigenen Regeln.

Wie stellen Sie sicher, dass sich Ihr Produkt mit den Bedürfnissen der Kunden deckt? 
Wir stecken grosse Bemühungen in die User Research. Dabei arbeiten wir mit unterschiedlichen Testnutzern, die sich während der Handynutzung filmen lassen. Manche davon kennen Typewise bereits, andere nutzen die Tastatur zum ersten Mal. 

Welche Erkenntnisse gewinnen Sie aus dieser Recherche? 
Wir wissen, dass rund 50 Prozent der User das Tutorial von A bis Z durchspielen – das ist ein sehr guter Wert. Zudem zeigen die Statistiken auch, wie viele Leute die App auch 30 Tage nach dem Download noch nutzen. In der Schweiz beträgt die Quote fast 30 Prozent – das ist phänomenal. Weltweit liegen wir bei ca. 10 Prozent und damit im obersten zehn Prozent aller Apps im Produktivitätsbereich. Diese Bestätigung für unsere Arbeit hat uns motiviert, das Projekt weiterzuziehen und das Produkt kontinuierlich weiterzuentwickeln. 

Welche Ziele möchten Sie in Zukunft mit Typewise erreichen? 
Bald werden wir die Marke von 1 Million Downloads durchbrechen – doch das ist erst der Anfang. Theoretisch könnten wir Milliarden User erreichen. Diese Zahl ist vielleicht etwas gar ambitioniert – aber zumindest das Hundertfache von heute sollte durchaus realistisch sein.

«Bald werden wir die Marke von 1 Million Downloads durchbrechen – doch das ist erst der Anfang.»

David Eberle

Welche Rolle spielt der Datenschutz bei Typewise? 
Es gibt Drittanbieter, die kostenlose Tastaturlösungen anbieten – nur um dann Daten abzusaugen oder Werbungen auf den Handys der Nutzer zu platzieren. Das kommt für uns nicht in Frage. Zwar analysiert Typewise, wo einzelne Tasten gedrückt werden, um eine bestmögliche Autokorrektur ohne falsche Korrekturen zu ermöglichen. Dieses System läuft aber im Gegensatz zu anderen Tastaturen komplett offline und garantiert dem Nutzer somit seine Privatsphäre. 

Obwohl Sie und Ihr Geschäftspartner aus Basel kommen, ist Ihr Hauptsitz heute in Zürich. Pflegen Sie trotzdem noch ein berufliches Netzwerk in Basel? 
Ich selber bin immer noch in Basel zuhause und arbeite auch primär von hier aus. Unser restliches Team ist überall verteilt. Trotzdem haben wir immer noch einen Bezug zu Basel: So haben wir 2020 zum Beispiel an der Swiss Innovation Challenge teilgenommen und es unter die Top 10 geschafft. Auch mit der Startup Academy in Liestal gab es schon einen Austausch. Insgesamt spüre ich in unserer Region durchaus Good Will für Start-ups – richtig durchschlagende Programme gibt es aber meines Wissens noch nicht. Da ist Zürich doch schon einiges weiter. Aus meiner Sicht wäre es sowieso viel sinnvoller, die Kräfte bei der Unterstützung von Startups schweizweit zu bündeln.

Besteht Interesse der «Grossen» an der Lösung? Haben Apple oder Google schon angeklopft?
Tatsächlich sind wir auch schon von zwei grossen Scouts aus dem Tech-Bereich kontaktiert worden – aber für einen Verkauf ist es noch zu früh. Aber natürlich: Wenn wir nochmals einige Schritte nach vorne machen und unsere Downloadzahlen vervielfachen, könnte ein Verkauf irgendwann ein Thema werden. Typewise wird wahrgenommen. 

David Eberle

Co-Founder Typewise

Lässt es sich von einem im Basis-Angebot kostenlosen Produkt «leben»?
Unsere Umsätze steigen zwar stetig, aber Gewinn machen wir noch nicht. Das dauert bestimmt noch ein paar Jahre. Wären wir zu zweit geblieben, wäre das vielleicht heute schon möglich – aber zu zweit baut man keine App für 100 Millionen User. Wir sind jetzt schon zehn Mal grösser als vor einem Jahr. So soll es weitergehen. 

Wie soll sich Typewise in Zukunft weiterentwickeln? 
Da gibt es verschiedene Szenarien. Eine Möglichkeit wäre, dass wir uns in Zukunft noch breiter aufstellen. Dank der Partnerschaft mit der ETH konnten wir bereits zwei Patente einreichen. Unsere Idee ist, dass wir unsere Technologie auch an anderen Produkten ausserhalb des klassischen Microsoft- und Google-Universums einsetzen können – etwa im Bereich der Produktivitätssteigerung. Eine andere Möglichkeit wäre, dass wir weiter wachsen und irgendwann 50 Millionen Downloads erreichen bei 1 Million zahlenden Kunden. Ein drittes Szenario wäre ein Verkauf an einen grossen Handy-Anbieter.
 

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