Die digitale Signatur auf dem Vormarsch

Diese Basler Architekten bauen bereits auf sie

Von Cedric Herzog

Die digitale Signatur auf dem Vormarsch:

Die digitale Unterschrift ist auf dem Weg, die Signatur auf Papier komplett abzulösen. Wer sie bereits einsetzt, sieht praktisch nur Vorteile – und wundert sich über das Zögern anderer.

Geschäftliche Vertragsunterzeichnungen sind heute in der Regel eine träge Angelegenheit. Bis jede Partei ihre Unterschrift unter einen Vertrag gesetzt hat, müssen die Dokumente per Post eine zeitfressende Reise von einer Partei zur nächsten absolvieren. Eigentlich erstaunlich: Während zahllose Arbeits- und Administrationsprozesse längst digitalisiert wurden, bleibt die sogenannte Nassunterschrift weiterhin bestehen - wirk jedoch zunehmend antiquiert.

Doch: Die digitale Unterschrift ist bereits da und im Einsatz. Wer sie aktuell schon nutzt, kann sich kaum mehr vorstellen, auf diese zu verzichten. Zu gross ist ihr Potenzial, um administrative Prozesse zu verkürzen und zu vereinfachen. Diese Erfahrung macht beispielsweise das renommierte Basler Architekturunternehmen Vischer Architekten AG, wie Verwaltungsratspräsident Lukas Stutz bestätigt. Vor rund zwei Jahren wurde Stutz auf die digitale Unterschrift aufmerksam. «Ein Baumeister bat damals darum, einen Werkvertrag digital zu unterzeichnen», erinnert sich Stutz rückblickend. Seine Reaktion: «Wenn Handwerker dieses Instrument bereits nutzen, gibt es keinen Grund, weshalb wir Planer nicht auch davon Gebrauch machen sollten.»

Ein logischer Schritt in die Zukunft
Natürlich musste man auch bei Vischer Architekten AG zunächst etwas Recherche betreiben und sich über die rechtlichen Grundlagen, Möglichkeiten und Anbieter informieren (siehe Box). Hemmungen, eine digitale Unterschrift zu nutzen, verspürte Stutz jedoch keine: «Ich habe die Zeichen der Zeit diesbezüglich sofort erkannt. Es ist letztlich lediglich ein weiterer und absolut logischer Schritt der Digitalisierung.»

Heute möchte Lukas Stutz nicht mehr auf die digitale Unterschrift verzichten: «Der Effizienzgewinn ist enorm. Und dies längst nicht nur, weil der Postversand von Dokumenten wegfällt.» Auch hausintern vereinfache die digitale Signatur die administrativen Abläufe für die Mitarbeitenden des Architekturbüros. Hinzu kommen aber auch positive Erfahrungen in Bezug auf die Dokumentensicherheit. «Ich kann beispielsweise jederzeit sehen, welche Partei einen Vertrag bereits erhalten und gesehen hat. Dadurch wird auch sichergestellt, dass Verträge und andere Dokumente nicht nachträglich noch verändert oder angepasst werden können», erklärt Stutz. Bei Vischer Architekten kommt die digitale Unterschrift derzeit primär bei Vergabeanträgen, Werkverträgen, Zahlungsanweisungen und Vergütungsaufträgen zum Einsatz, erklärt Geschäftsleitungsmitglied Daniel Stark: «Es gehört mittlerweile zum Arbeitsprozess dazu, bei Geschäftskunden und sämtlichen Vertragspartnern nachzufragen, ob Dokumente und Verträge elektronisch unterzeichnet werden können.»

Alte Denkmuster aufbrechen
Trotz der offensichtlichen Vorteile ist die digitale Unterschrift – zumindest in der Schweiz – noch keine Selbstverständlichkeit. Und dies nicht etwa aus generellen Sicherheitsbedenken oder aufgrund negativer Erfahrungen, wie man bei Vischer Architekten AG aus der Praxis weiss. «Manche verharren immer noch in alten Denkmustern und bewegen sich nur ungern aus der Komfortzone: ‹Wir haben es halt schon im immer so getan, wieso etwas daran ändern?› Es braucht primär eine Umstellung im Kopf», sagt Lukas Stutz. Und Daniel Stark ergänzt: «Der Schlüssel liegt oft in der Firmen-Governance der Unternehmen. Beispielsweise müssen die Unterschriften- und das Kompetenzenreglemente angepasst werden, um die digitale Unterschrift zu ermöglichen. Wir stellen hier teilweise einen gewissen Unwillen fest, aus Angst vor administrativem Aufwand diese Reglemente den neuen Gegebenheiten anzupassen.»

Beide sind jedoch überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die digitale Unterschrift auch hierzulande zum Standard wird. Mit Blick auf unsere Nachbarländer habe das Nein zum Bundesgesetz über die digitale ID im Frühjahr 2021 die Schweiz auch bezüglich der digitalen Unterschrift zurückgeworfen, analysiert Lukas Stutz. Praktisch gleichzeitig hat die Corona-Pandemie den Digitalisierungsprozess aber weiter befeuert. «Wenn man bedenkt, dass beispielsweise private Bankgeschäfte längst elektronisch unterzeichnet werden, ist die Zeit definitiv reif für die digitale Unterschrift als neuen Unterschrifts-Standard», sagt Stutz. Sein Unternehmen ist längst zu dieser Erkenntnis gekommen. Das brachliegende Potenzial der Effizienzsteigerung sei immens und komme in seiner Tragweite einem Vergleich mit der (R)evolution der 90er-Jahre «vom Bleistift zum Computer» sehr nahe. «Wenn man die Abläufe zur digitalen Signatur mal durchgespielt hat, ist man ab der Einfachheit verblüfft, wie auch einige Mitarbeitenden bei Vischer Architekten AG bestätigt haben», sagt Stutz. «Man muss es halt einfach mal machen.»

 

 

 

Was Sie über die digitale Unterschrift wissen müssen

1. Elektronisch ist nicht gleich digital
Die Begriffe «digitale Signatur» und «elektronische Signatur» werden oft als Synonyme verwendet. Es besteht jedoch ein klarer Unterschied: Zwar ist die digitale Signatur zwangsläufig auch eine elektronische Signatur, der Umkehrschluss ist jedoch unzulässig. Der Grund: Eine digitale Signatur basiert in der Regel auf kryptografischer Technologie und beinhaltet einen Zertifizierungsprozess. Somit bietet sie eine wesentlich höhere Sicherheit. Eine elektronische Signatur kann hingegen einfach ein Bild einer Unterschrift in einem PDF oder Word-Dokument sein. 

2. Rechtliche Sicherheit ist der Kern
Während eine elektronische Unterschrift oftmals reicht, um etwa ein Postpaket anzunehmen oder sein E-Banking zu erledigen, macht eine digitale Signatur auf geschäftlicher Ebene mehr Sinn. Zum einen ist die Identität des Unterzeichnenden je nach Unterschriftsstandard zweifelsfrei sichergestellt. Zum anderen ist gewährleistet, dass Dokumente und Verträge nach der Unterzeichnung nicht verfälscht werden können. Insbesondere bei Rechtsstreiten bietet die digitale Unterschrift ein überzeugendes Beweismittel, um die Echtheit einer Unterschrift zu gewährleisten oder zu beweisen, dass ein Dokument willentlich unterzeichnet wurde.

3. Die Prozesse werden schneller
Als wesentliche Hürde für die digitale Unterschrift wird der Zertifizierungsprozess angesehen. Dieser ist mit einem gewissen Aufwand verbunden. Werden in einem Unternehmen intern oder zwischen Unternehmen regelmässig Dokumente signiert, lohnt sich der Aufwand. Bei einmaligen Signaturen, wie etwa Miet- oder Arbeitsverträgen, ist die Hürde heute oft noch zu hoch, um Kugelschreiber und Briefpost abzulösen. Diese Hürden werden jedoch zusehends abgebaut. Ein Beispiel: Kürzlich verkündeten der Schweizer Anbieter digitaler Signaturen, Skribble, die auf digitale Identifikation spezialisierte Firma Intrum und die Swisscom ihre Zusammenarbeit, um den Prozess für das Erlangen einer digitalen Signatur zu beschleunigen.