Aus- und Weiterbildung in Zeiten der Digitalisierung

In Zeiten der dritten industriellen Revolution und des «Internet of Things» sind neue Kenntnisse und Fertigkeiten gefragt - auch bei Personen, die längst mitten im Berufsleben stehen. Wie kann unser Bildungssystem darauf reagieren?

Von Andreas Maeder

Die Digitalisierung wird nicht spurlos an unserem Arbeitsmarkt vorbeigehen - in diesem Punkt herrscht grundsätzliche Einigkeit. Doch welche Veränderungen die digitale Zukunft genau für uns bereithält, da gehen die Meinungen auseinander. Gerade erst letzte Woche gab Avenir Suisse Entwarnung: Wir müssten keine «Robokalypse» befürchten, beruhigt der Schweizer Think Tank, denn die Digitalisierung werde sich nicht als Jobkiller erweisen, sondern als Chance für den Arbeitsmarkt. Allerdings bestehe Handlungsbedarf in der Bildungspolitik, so Avenir Suisse.

Dualer Weg auch in der Weiterbildung

Genau daran hapere es aber derzeit noch, wie wir der Schweiz am Wochenende entnehmen konnten. Denn wie andere Automatisierungsschübe vor ihr wird die Digitalisierung neue Jobs schaffen, gleichzeitig aber andere verschwinden lassen. Das werde unserem Bildungssystem mehr abverlangen, als es heute zu leisten im Stande sei: «In der Weiterbildung wird meist auf bestehenden Fähigkeiten aufgebaut, hier werden komplette Umschulungen notwendig», so Stefan Wolter, Professor an der Universität Bern und oberster Schweizer Bildungsexperte. Hinzu kommt, dass der Einkommensausfall während einer längeren Umschulung für viele Arbeitnehmer gar nicht zu bewältigen wäre. Hans Hess, Präsident des Industrieverbands Swissmem, sieht eine mögliche Strategie darin, Umschulungen ähnlich wie eine klassische Lehre anzulegen :«Ein umzuschulender Lokomotivführer wäre Montag, Dienstag im alten Job, ginge Mittwoch zur Schule und würde Donnerstag und Freitag im neuen Job als Datenanalyst arbeiten», so Hess gegenüber der Schweiz am Wochenende.

«Programmieren ist die Sprache des 21. Jahrhunderts»

Um die nachfolgenden Generationen auf die Anforderungen einer digitalisierten Welt vorzubereiten, muss sich auch in den Schulen einiges ändern. Der ehemalige Präsident der ETH Lausanne, Patrick Aebischer, fordert in der Schweiz am Wochenende einen massiven Ausbau digitaler Lerninhalte: «Je früher Kinder codieren lernen, desto besser... Programmieren ist die Sprache des 21. Jahrhunderts, dieses Wissen ist essenziell für unsere Zukunft.» Der Schweizer Lehrerverband hat sich ebenfalls mit der Thematik auseinandergesetzt und stellt in einem Positionspapier einen Sieben-Punkte-Plan auf. Dieser soll gewährleisten, dass Kinder und Jugendliche wie im Lehrplan 21 gefordert auf die digitale Lebens- und Arbeitswelt vorbereitet werden. Zu den vorgeschlagenen Massnahmen gehören unter anderem die regelmässige Weiterbildung der Lehrer, um technisch auf dem neusten Stand zu bleiben, sowie der Einsatz von digitalen Unterrichts- und Arbeitsmaterial. Die Digitalisierung wird Berufsbilder verändern und nach anderem Know-how und neuen Fähigkeiten verlangen - auch von unseren Lehrerinnen und Lehrern.