«Das Potenzial von Open Data ist noch längst nicht ausgeschöpft»

Der Kanton Basel-Stadt stellt im Netz offene Daten der Verwaltung zur Verfügung. Das Beispiel der täglich aktualisierten Corona-Zahlen zeigt, wie gross das Bedürfnis nach dem Datenmaterial ist. Wo die Herausforderungen dabei liegen, erklärt Jonas Eckenfels von der Fachstelle Open Government Data Basel-Stadt.

Von Andreas Maeder

Jonas Eckenfels, die Ämter des Kantons Basel-Stadt sind verpflichtet, ihre Daten der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Auf Ihrer Plattform müssten eigentlich tausende Datensätze verfügbar sein… 
Grundsätzlich gilt im Kanton Basel-Stadt seit Anfang 2019 «OGD by default». Das heisst, dass Daten, die bei öffentlichen Organen anfallen, der Öffentlichkeit in maschinenlesbarer Form zur Verfügung gestellt werden sollen – oder zumindest auf eine Publikation hingearbeitet werden soll. 

Aber? 
Sie können sich sicher vorstellen, dass so etwas nicht von heute auf morgen möglich ist. Wenn wir den Regierungsbeschluss konsequent umsetzen würden, müssten früher oder später sehr viele Daten publiziert werden. Davon sind wir noch sehr weit weg. Mittlerweile sind rund 90 Datensätze aus über 20 Stellen verfügbar. Die Plattform wächst kontinuierlich – denn schliesslich hat die Öffentlichkeit ein Anrecht auf diese Daten. 

Auf sämtliche Daten? 
Es gibt Ausnahmen. Dazu gehören zum Beispiel Daten, deren Veröffentlichungen nicht im Interesse öffentlicher Belange liegen, weil dadurch die Erfüllung staatlicher Aufgaben gefährdet wäre – aber auch Informationen, die aufgrund bestehender rechtlicher Einschränkungen oder Geheimhaltungspflichten nicht publiziert werden dürfen. Schliesslich sind auch Datensätze, die einen Personenbezug enthalten, von einer Publikation ausgenommen. Es darf es nicht möglich sein, aufgrund einzelner oder kombinierter Datensätze auf die Verhältnisse einzelner Personen zu schliessen. 

Was tun Sie mit den Daten, die Sie von den verschiedenen Ämtern erhalten? 
Wir filtern, strukturieren und aggregieren die Rohdaten wo nötig. Danach bereiten wir die Informationen so auf, dass sie von den Nutzern gesichtet, durchsucht, gefiltert, aufbereitet, nachgeführt und weiterverarbeitet werden können. Unser Anspruch geht damit über das reine Publizieren von Informationen hinaus. 

Wo liegen die Herausforderungen bei dem Vorhaben? 
Die Daten werden vor der Veröffentlichung genau überprüft. Dazu halten wir uns streng an gesetzliche Vorgaben des kantonalen Datenschutzbeauftragten. Die zweite Herausforderung hat mit unseren Ressourcen zu tun: Das Datenportal wird von einem Zweierteam betreut. Ein solches Projekt ist nur realisierbar, wenn man einen möglichst hohen Automatisierungsgrad hinkriegt. Auch daran arbeiten wir kontinuierlich. Bereits heute werden viele Datensätze täglich oder sogar stündlich automatisch aktualisiert. 

«Corona ist ein sehr gutes Beispiel dafür, was man im Bereich Open Data alles machen kann, wenn man zusammenarbeitet.»

Jonas Eckenfels 
Zur Person: Jonas Eckenfels ist Bereichsleiter Beratung und Compliance bei der Fachstelle Open Data Government (OGD) des Kantons Basel-Stadt. Die Fachstelle ist dem Statistischen Amt im Präsidialdepartement angegliedert, in welchem Eckenfels bereits seit zehn Jahren tätig ist. 

Auch die aktuellen Corona-Zahlen sind auf dem Datenportal verfügbar: Gehe ich richtig in der Annahme, dass Ihre Zugriffszahlen seither in die Höhe schnellen? 
So ist es. Wenn die aktuellen Zahlen jeweils veröffentlicht werden, dauert es in der Regel keine Stunde bis sie bereits von den regionalen Medien aufgegriffen wurden. 

Welche Herausforderungen sind mit diesem konkreten Case verbunden? 
Als sich die Pandemie im Frühling ausbreitete, begann die Open Data-Stelle des Kantons Zürich einen kantonalen Datensatz aufzubauen und diesen öffentlich zu publizieren. Auch für uns war schnell klar, dass wir die Corona-Zahlen auf unserem Datenportal zur Verfügung stellen müssen, weshalb wir uns in diesem Projekt engagierten. Corona ist ein sehr gutes Beispiel dafür, was man im Bereich Open Data alles machen kann, wenn man zusammenarbeitet. Gleichzeitig führt uns dieses Beispiel auch die damit verbundenen Herausforderungen vor Augen. 

Nämlich? 
Eine der Hürden liegt darin, dass die einzelnen Kantone die Daten nicht ganz identisch erfassen. Um kein falsches Bild zu generieren, ist es aber von essenzieller Bedeutung, dass alle von der gleichen Ausgangslage ausgehen. Wir müssen genau wissen, wie der Kanton die einzelnen Spalten und Inhalte definiert. Idealerweise würde dies in der ganzen Schweiz identisch gehandhabt. In diesem nationalen Austausch besteht sicher noch grosses Potenzial. Generell ist es sehr wichtig, dass Daten umfassend beschrieben werden. So kann sichergestellt werden, dass die Nutzenden wissen, welche datenbasierten Aussagen möglich sind – und welche nicht. 

«Das Potenzial in diesem Bereich ist riesig und längst nicht ausgeschöpft. Diese Informationen helfen klugen Unternehmen, Innovationen voranzutreiben – etwa im «Smart City»-Bereich.»

Jonas Eckenfels
Bereichsleiter Beratung und Compliance, Fachstelle Open Data Government (OGD), Kantons Basel-Stadt

Wie werden die offenen Daten aus den verschiedenen Bereichen genutzt? 
Ein gutes Beispiel hierfür ist das Angebot von politik.ch. Auf dieser Plattform werden politische Geschäfte aus der ganzen Schweiz erfasst. Die Dienstleistung besteht darin, dass man sich als Kunde stetig über ein bestimmtes Thema informieren lassen kann, sobald irgendwo ein entsprechender Vorstoss eingereicht wurde. Das Angebot basiert auf der Basis von offenen Verwaltungsdaten, die jeder selber recherchieren könnte. Auf der Plattform werden sie jedoch gebündelt und kompakt dargestellt und man bekommt Informationen geliefert, die man sich sonst zusammensuchen müsste. 

Gibt es weitere Business Cases, die von Open Data profitieren? 
Das Potenzial in diesem Bereich ist riesig und längst nicht ausgeschöpft. Diese Informationen helfen klugen Unternehmen, Innovationen voranzutreiben – etwa im «Smart City»-Bereich. Denken Sie nur an das Thema Mobilität: Wir veröffentlichen auf unserer Plattform stündliche Angaben zu Fussgänger- und Veloströmen, aber auch zum motorisierten Individualverkehr in der Region. Mit diesen Daten können Verkehrsflüsse modelliert und Mobilitätsdienstleistungen der Zukunft kreiert werden. Ein anderes Beispiel ist die Gratis-App «ParkenDD», welche die Auslastungsdaten der öffentlichen Parkhäuser in Basel und weiteren Stäten dazu nutzt, um die freien Parklätze in Echtzeit in einer Karte anzuzeigen. 

Welche Bedeutung hat der kantonsübergreifende Austausch beim Thema Open Data? 
Seit 2016 gibt es ein nationales Open Data Portal. Um den Austausch und die Zusammenarbeit zu fördern, wurde Ende 2017 das «Open Data Beer» initiiert. Diese Eventreihe richtet sich an alle Interessierten aus der Verwaltung, aus Unternehmen oder aus der Zivilgesellschaft. Dieser Austausch zwischen jenen, die Daten publizieren und denjenigen, die sie letztlich nutzen, ist mitentscheidend für den Erfolg von Open Data. Anlässe wie das «Open Data Beer» führen dazu, dass langfristig nicht nur das Datenangebot verbessert wird, sondern dass auch die Kompetenzen der Nutzer im Umgang mit den Daten gesteigert werden.

Über die Fachstelle Open Government Data

Die kantonale Fachstelle für Open Government Data ist als Koordinationsorgan zuständig für die Unterstützung der datenpublizierenden Verwaltungsstellen. Die Daten stehen unter data.bs.ch kostenlos zur freien Verfügung. Dort können die Informationen einfach angeschaut, gefiltert, visualisiert oder über eine Programmierschnittstelle für Anwendungen und Apps genutzt werden. Dazu gehören beispielsweise Echtzeitdaten über die Belegung von Parkhäusern, Messwerte von Luftmessstationen oder auch Einzeldaten zum Basler Index der Konsumentenpreise. Das Angebot soll laufend ausgebaut werden. 

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