«Die besten digitalen Tools nützen nichts, wenn das Miteinander nicht funktioniert.»

Die Baubranche befindet sich im Wandel: Nebst der technologischen Entwicklung gewinnen auch Kommunikation- und Management-Skills immer mehr an Bedeutung. Mit einem neuen interdisziplinären Master-Studiengang möchte die FHNW diese Lücke schliessen. Welche Aspekte dabei im Fokus stehen, erklärt Studiengangleiterin Prof. Nora Dainton im Interview.

Von Andreas Maeder

Der neue Master-Studiengang in «Virtual Design and Construction (VDC)» der Fachhochschule Nordwestschweiz bietet den Studierenden eine theoretische sowie praktische Auseinandersetzung mit digitalem Planen, Bauen und Bewirtschaften von Bauwerken. Der Studiengang, der auch berufsbegleitend absolviert werden kann, vereint Inhalte zu Informationsmodellierung und -management mit Fragen der integralen Zusammenarbeit und Prozessgestaltung. «Diese Kombination ist in der Schweiz einmalig», betont Studiengangleiterin Nora Dainton.
 

Nora Dainton, die FHNW bietet ab diesem Jahr den neuen Master-Studiengang Master of Science FHNW in Virtual Design and Construction» an. Worum geht es dabei?
Im Kern geht es darum zu lernen, dass bei einem Bauprojekt viele involvierte Gruppen und Personen gemeinsam ein Projekt umsetzen. Heute ist es wichtiger denn je, dass bei komplexen Bauvorhaben frühzeitig alle Anspruchsgruppen mit ins Boot geholt werden. Zudem stehen die Bedürfnisse der Kunden beim Bauen viel stärker im Fokus als früher. Das verlangt nach neuen Prozessen.

Es geht also nicht nur um technologische Entwicklungen?
Der digitale Wandel und die damit verbundenen Entwicklungen spielen in dem Studiengang natürlich eine wichtige Rolle. Ebenso wichtig sind aber auch die sozialen Komponenten.

«Die Baubranche hat noch Potenzial in der Umsetzung, dass die Kundenbedürfnisse bei jedem Projekt im Fokus stehen sollten.»

Prof. Nora Dainton
Studiengangsleiterin MSc FHNW Virtual Design and Construction (VDC)

Wie zeigt sich das?
Neben der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW wirkt auch die Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW an der Entwicklung und Durchführung des Studiengangs mit. Diese Kooperation macht unser Angebot einmalig.

Sollte es nicht normal sein, dass die Kundenbedürfnisse bei jedem Projekt im Fokus stehen?
Andere Branchen sind diesbezüglich tatsächlich weiter. Ich war während zehn Jahren an der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW im Bereich Industriedesign als Dozentin tätig. Dort sind Begriffe wie «Design Thinking» oder «User Experience» schon lange nicht mehr wegzudenken. Die Baubranche hat noch Potenzial in der Umsetzung, dass die Kundenbedürfnisse bei jedem Projekt im Fokus stehen sollten.

Warum dieser Rückstand?
In der Baubranche war es bisher Usus, fragmentiert zusammenzuarbeiten. Um diese traditionellen Abläufe zu durchbrechen, braucht es ganz neue Denk- und Herangehensweisen. Und es braucht Leute, die in der Lage sind, die gesamten Abläufe zu verstehen und zu koordinieren. Fachkräfte in leitenden Positionen, die einerseits ein tiefes Verständnis für die Digitalisierung in der Baubranche haben – die aber auch die nötigen sozialen Kompetenzen mitbringen. Die besten digitalen Tools nützen nichts, wenn das Miteinander nicht funktioniert. 

Steht in der Baubranche somit ein Generationenwechsel bevor?
Es wäre wünschenswert. Tatsächlich sind uns andere Länder im Bereich der Digitalisierung und des Projektausschreibungsprozesses einiges voraus. Unser Master-Studiengang trägt dazu bei, dass wir diesen Rückstand aufholen können.  

Welche Hintergründe bringen Ihre Studierenden mit?
Das Studium richtet sich an Berufsfachleute und Studienabgänger*innen baunaher Disziplinen. Schon im ersten Studiengang sind ganz unterschiedliche Berufsgattungen vertreten – von Architektur über Gebäudetechnik bis hin zum Bauingenieurwesen und Facility-Management.

Inwiefern wird die Praxis miteinbezogen?
Die Nähe zur Praxis ist uns als Fachhochschule per se enorm wichtig. In unserem Studiengang gilt das ganz besonders. So absolvieren unsere Studierenden pro Semestern ein bis zwei Integrationsprojekte, bei denen spezifische Thematiken aus der Praxis aufgegriffen werden. Auch sonst legen wir Wert auf eine möglichst praxisbezogene Herangehensweise: Klassischer Frontalunterricht gibt es eher selten; Studierende und Dozierende begegnen sich auf Augenhöhe und lernen gegenseitig voneinander.

Hinweis:

Am Montag, 13. Dezember 2021 gibt das Institut Digitales Bauen der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW in einem Online-Infoanlass Einblicke in den neuen Master-Studiengang MSc FHNW Virtual Design and Construction (VDC). 

Weitere Infos


Studierende erlernen vielfältige Kompetenzen

Der neu geschaffene interdisziplinäre Master-Studiengang Master of Science FHNW in Virtual Design and Construction (MSc FHNW VDC) vermittelt praktische und theoretische Grundlagen des digitalen Bauens, dazugehörende Zusammenarbeitsformen und Prozesse sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen und wirtschaftlichen Chancen.

Der Studienaufbau erlaubt, dass das Studium individualisiert und im Teilzeitpensum absolviert werden kann. In die Konzeption des neuen Studiengangs sind die Anliegen von Partner*innen aus der Praxis eingeflossen und werden auch in der Umsetzung einbezogen. Absolvent*innen des MSc FHNW VDC tragen mit vielfältigen Kompetenzen zur erfolgreichen digitalen Projektabwicklung im Umfeld von Hoch- und Infrastrukturbauten bei, indem sie die Prozesse, Projektorganisationen und Informationsstrukturen – mitunter in leitenden Positionen – massgebend prägen.