Mit dem Smartphone auf Zeitreise durch Basel

Mit ihrem Projekt City-Stories will eine Forschungsgruppe der Uni Basel die Geschichte der Stadt auf innovative Weise erzählen. Um ihre Anwendung mit möglichst vielen Daten füttern zu können, setzen die Entwickler auf Crowdsourcing.

Von Andreas Maeder

Haben Sie sich auch schon gefragt, wie Basel im 17. Jahrhundert ausgesehen hat? Mit dem Projekt City-Stories soll die Stadtgeschichte auf eine neue Art erzählt und zugänglich gemacht werden. Initiiert wurde das Projekt von der Forschungsgruppe Datenbanken und Informationssysteme der Universität Basel. Um die historischen Inhalte darzustellen, haben die Initianten die App GoFind! konzipiert und umgesetzt.

Diese ermöglicht es, alte Bilder, Videos und sogar 3D-Modelle an ihrem Originalstandort anzuzeigen, so dass die Nutzer die aktuelle Ansicht mit der Vergangenheit vergleichen können. Den Zugang zu den früheren Stadtplänen erhielt das Projektteam über die Universitätsbibliothek Basel. Herzstück von City-Stories ist der Basler Merian-Plan von 1615. Dieser wurde – unabhängig von City-Stories – vollständig als 3D-Rekonstruktion aufgearbeitet und konnte in der Folge in die App integriert werden. «Dadurch ist nun möglich, an jedem beliebigen Ort in der Basler Innenstadt die Stadtgebäude von damals in Augmented Reality darzustellen und durch die Zeit zu blättern», erklärt Heiko Schuldt, Leiter Forschungsgruppe Datenbanken und Informationssysteme.

Crowdsourcing als Schlüssel zum Erfolg

«Die Verschmelzung von historischen Kartenmaterialien mit Augmented- und Virtual-Reality-Elementen gehörte zu den grössten Herausforderungen des Projekts», betont Loris Sauter, Doktorand der Forschungsgruppe Datenbanken und Informationssysteme. Dies auch, weil es zu Beginn des 2017 lancierten Projekts noch kaum vergleichbare AR-Anwendungen gab. Eine weitere Schwierigkeit bestand für das Entwicklungsteam darin, an das Karten- und Bildmaterial heranzukommen. «Die historischen Informationen existieren zwar, doch leider sind sie überall verstreut», so Sauter. Plattformen wie City-Stories sollen laut Sauter dazu beitragen, dass die Informationen und das dazugehörige Wissen in Zukunft für interdisziplinäre Anwendungen und Dienste gebündelt und genutzt werden können. «Ziel ist es, möglichst viele Inhalte zu sammeln und diese mit verknüpften Datendiensten anzureichern.» Dadurch soll eine «neuartige Art der Wissensvisualisierung» erreicht werden können. Klar ist: Je mehr historisch versierte Bürgerinnen und Bürger ihr Archiv zur Verfügung stellen, desto grösser ist der Fun-Faktor der Anwendung.

«Die Verschmelzung von historischen Kartenmaterialien mit Augmented- und Virtual-Reality-Elementen gehörte zu den grössten Herausforderungen des Projekts»

Loris Sauter
Doktorand der Forschungsgruppe Datenbanken und Informationssysteme

Touristisches Potenzial

Obwohl City-Stories zurzeit noch nicht öffentlich verfügbar ist, kann sich Projektleiter Heiko Schuldt gut vorstellen, dass das die Anwendung dereinst einer breiten Nutzerschaft zur Verfügung gestellt wird. «Das Konzept würde sich zum Beispiel hervorragend für einen touristischen Kontext eignen.» Auch Einsätze im Bildung- oder auch im Baubereich seien denkbar. Schon heute steht die Uni Basel mit anderen Bildungsunternehmen sowie Unternehmen aus der Region im Austausch. «Würde Basel Tourismus anklopfen, wären wir sicher interessiert an einer Zusammenarbeit.» Für ihr Projekt wurde die Uni Basel 2020 mit dem Award «Best of Innovation Basel» ausgezeichnet. «Die Teilnahme an dem Wettbewerb hat mitgeholfen, City-Stories am Standort Basel bekannt zu machen. Insbesondere konnten über neue Kontakte auch multimediale Daten zur Stadtgeschichte für das Projekt verfügbar gemacht und integriert werden», sagte Schuldt anlässlich der Preisverleihung. «Dass wir die Publikumsabstimmung gewinnen konnten, ist ein klares Zeichen, dass das unser Konzept attraktiv und auch mehrheitsfähig ist.»

Projekt soll weiterentwickelt werden

City-Stories ist längst nicht das einzige innovative Projekt, mit dem sich das Departement derzeit verfasst. Schon seit längerer Zeit arbeiten die Forscher zum Beispiel an einer besonders innovativen Suchmaschine für Multimedia-Inhalte. Der Clou: Während bei herkömmlichen Systemen mit Begriffen nach einem bestimmten Resultat gesucht wird, basiert das Forschungsprojekt auf einer inhaltsbasierten Suche. So können zum Beispiel Bilder mit einer handgezeichneten Skizze oder Videos mit einer Geste gesucht werden. «Diese und weitere intuitive Suchmöglichkeiten bieten den Benutzern ganz neue Perspektiven bei der Suche nach Informationen.» Darüber hinaus ist auch die Arbeit am Projekt City-Stories noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: «Wir haben viele Ideen, wie wir das Projekt noch weiterentwickeln könnten», betont Loris Sauter. Ein wesentlicher Punkt sei dabei, das Benutzererlebnis zu verbessern. Weiter sei es denkbar, dass mit der App dereinst nicht nur in die Vergangenheit gereist werden kann. «Die Technologie ist nicht limitiert auf historische Daten. Wir können in beide Richtungen der Zeitachse gehen. Mit City-Stories könnten deshalb genauso gut auch Modelle von Gebäuden angezeigt werden, die gar noch nicht existieren.»

«Die Technologie ist nicht limitiert auf historische Daten. Wir können in beide Richtungen der Zeitachse gehen. Mit City-Stories könnten deshalb genauso gut auch Modelle von Gebäuden angezeigt werden, die gar noch nicht existieren.»

Loris Sauter
Doktorand der Forschungsgruppe Datenbanken und Informationssysteme