IT gegen Virus: Die Rolle der Digitalisierung in der Pandemie

Nebst vielen anderen Faktoren spielen bei der Bewältigung der Pandemie auch digitale Lösungen eine wichtige Rolle. Was es alles braucht, damit solche Anwendungen erfolgreich umgesetzt werden können, erklärten die Experten der ELCA Informatik AG im aktuellen Event von «be-digital vernetzt».

Von Andreas Maeder

Vergangene Woche hat der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte ein Verfahren gegen die Betreiberin der Plattform www.meineimpfungen.ch eröffnet. Auf der Plattform sollen Hunderttausende Impfdaten für Hacker einfach zugänglich und manipulierbar gewesen sein. Natürlich berichteten die Medien zahlreich über den Vorfall. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es sich dabei nicht um die erste IT-Panne im Zusammenhang mit der Coronapandemie handelt. Beispiele wie diese zeigen, dass bei der Pandemiebewältigung auch die ICT-Branche vor grossen Herausforderungen stellt. Genau dieses Thema stand bei der aktuellen Ausgabe von «be-digital vernetzt» im Fokus. Rund 40 Zuhörerinnen und Zuhörer schalteten sich am 25. März in den virtuellen Event der Handelskammer beider Basel ein – so viele wie noch nie. 

Nach der Begrüssung durch Deborah Strub, Geschäftsleitungsmitglied und Abteilungsleiterin Cluster & Initiativen bei der Handelskammer, übernahmen Vertreter der ELCA Informatik AG das Wort. Vor drei Jahren eröffnete der grösste unabhängige Schweizer IT-Lösungsanbieter mit Hauptsitz in Lausanne eine Niederlassung in der Basler Aeschenvorstadt. Mittlerweile zählen Unternehmen wie die Novartis und das Universitätsspital Basel zu den Kunden des Unternehmens. Das 1968 gegründete Unternehmen zählt weltweit 1400 Mitarbeitende – rund 800 davon sind in der Schweiz tätig. 

 «Die wichtigen Akteure waren auf dieses Ereignis nicht genügend vorbereitet.» So hätte die Pandemie unter anderem die Versäumnisse des Bundesamtes für Gesundheit bei der Digitalisierung offenbart.

Ralf Klappert
Head of Business Line Health and Life Sciences
ELCA Informatik AG

Tools mussten unter hohem Zeitdruck realisiert werden

Unter dem Titel «IT gegen Virus – Wie Software die Initiativen zur Pandemiebekämpfung optimiert» erläuterte Ralf Klappert, Head of Business Line Health and Life Sciences, seine Ansichten zum Thema. «Pandemien haben einen massiven Einfluss auf das gesellschaftliche Leben und die Wirtschaft», so Klappert. Seine Bilanz zum ersten Coronajahr fällt ernüchternd aus: «Die wichtigen Akteure waren auf dieses Ereignis nicht genügend vorbereitet.» So hätte die Pandemie unter anderem die Versäumnisse des Bundesamtes für Gesundheit bei der Digitalisierung offenbart. Die Folge: Dringend benötigte digitale Tools mussten unter grossem Zeitdruck entwickelt und lanciert werden. Eine besondere Herausforderung bestehe gemäss Klappert darin, dass bei der Bekämpfung der Pandemie die Bevölkerung, die Behörden und das Gesundheitswesen als entscheidende Akteure zusammenspielen müssen. 

Auch Elca war in den vergangenen Monaten in verschiedenen Projekten im Zusammenhang mit Covid-19 involviert. Das Unternehmen half mit, Webseiten für Corona-Tests und Impfanmeldungen auzubauen. Zudem unterstützte Elca die Kantone Bern und Freiburg bei der Realisierung der Online-Plattform von Drive-in Testcentern. Mithelfen könnte Elca auch bei der Entwicklung eines elektronischen Impfzertifikats. «Technisch sind wir bereit», betont Klappert. Aktuell gebe es in diesem Bereich vor allem noch Fragen rund um den Datenschutz und die internationale Vernetzung zu lösen. 

So könnte eine Lösung für ein elektronisches Impfzertifikat für die Schweiz aussehen.

Die User Experience als entscheidendes Erfolgskriterium

«Digitale Gesundheitsplattform – Die Brücke zwischen Gesundheitsdienstleistern und Patienten» – So lautete der Titel des zweiten Referats. Dieses wurde von Laurence Bermejo Dubois, Head of eHealth Division, gehalten. Mit der wichtigste Punkt bei der Entwicklung von neuer Software sei das Bewusstsein über die potenzielle Nutzerschaft, ist Laurence Bermejo Dubois überzeugt. «Die User Experience ist der Weg zum Erfolg.» Um ein möglichst positives Benutzererlebnis zu erreichen, müsse man seine Zielgruppe kennen. Aus diesem Grund versucht Elca noch vor dem Entwicklungsprozess so viel wie möglich über die zukünftigen Benutzer zu erfahren. Dies geschieht zum Beispiel in Form von gezielten Interviews. 

Auch das Umfeld, in dem eine Anwendung zum Einsatz komme, müsse berücksichtigt werden. So mache es ein Unterschied, ob eine App für Apotheken entwickelt werde, oder ob die Programme auch von den Patienten benutzt werden. «Der Patient möchte vielleicht einfach wissen, wann er welche Medikamente zu sich nehmen muss. Der Apotheker hingegen wünscht sich einen umfassenden Überblick über den Behandlungsverlauf.» Diese und weitere Punkte müssen laut Bermejo Dubois unbedingt berücksichtigt werden, um eine «eine erfolgreiche Brücke» zwischen den Patienten und den Gesundheitsdienstleitern zu bauen. «Ob Patient oder Pfleger: Am Ende ist immer ein Mensch, der unsere Anwendung nutzt. Diesen entscheidenden Punkt dürfen wir nie aus den Augen verlieren.» Darüber hinaus spielen auch Faktoren wie Privatsphäre der Nutzer sowie der Datenschutz eine wichtige Rolle.

Um ein möglichst positives Benutzererlebnis zu erreichen, müsse man seine Zielgruppe kennen.

Auf die Datenqualität kommt es an

Ob eine App erfolgreich ist oder nicht, liegt letztlich immer an der Qualität der Daten, mit denen die Anwendung bedient wird. «Die Daten verleihen einer Anwendung ihren Wert», betont Laurence Bermejo Dubois. Nebst einem effizienten Datenmanagement und der nötigen Datenmenge und -Qualität, komme auch der Interoperabilität eine wichtige Bedeutung zu. «Die Daten müssen in verschiedenen Formaten und Anwendungen nutzbar sein.» Die geschilderte «User Journey» kommt natürlich nicht nur im Gesundheitsbereich zum Zuge – «aber in diesem Bereich ist sie von besonders grosser Bedeutung». 

Die Corona-Pandemie hat es deutlich gemacht: Die Digitalisierung hat in der Schweiz noch einen langen Weg vor sich. Und sie bleibt eine Herausforderung. Sowohl Ralf Klappert als auch Laurence Bermejo Dubois sind sich einig, dass in der Krise durchaus auch Chancen stecken – und das insbesondere im Bereich der Digitalisierung. «Die digitale Transformation in der Schweiz wird durch die Pandemie zweifellos beschleunigt und vertieft.» Hierbei dürften auch viele innovative Unternehmen aus der Region Basel und der Nordwestschweiz eine wichtige Rolle spielen.

«Die digitale Transformation in der Schweiz wird durch die Pandemie zweifellos beschleunigt und vertieft.»

Laurence Bermejo Dubois
Head of eHealth Division, ELCA Informatik AG