Basler Stadtreinigung wird digital

Mit einem Mess-Velo optimiert die Basler Stadtreinigung die Effizienz ihrer Arbeit. Das Projekt ist Teil einer umfassenden Digitalisierungsstrategie, wie uns Stadtreinigungs-Leiter Dominik Egli im Interview verrät.

Von Andreas Maeder

Wenn am – virtuellen oder wörtlich gemeinten – Unternehmerstammtisch über Digitalisierung diskutiert wird, ist die Strassenreinigung in den meisten Fällen nicht das erste Thema auf der Agenda. Zu Unrecht, darf man seit einiger Zeit in Basel sagen. Denn hier hat die Stadtreinigung im April dieses Jahres ein Mess-Velo in Betrieb genommen, das die Arbeit dank digitaler Technik noch effizienter machen soll.

Aktuelle Bilder für die Einsatzplanung

Mitarbeiter der Stadtreinigung fahren mit dem mit dem neuen Velo dreimal täglich durch Basel, um den Reinigungsbedarf von Strassen und anderen öffentlichen Orten zu ermitteln. Zu diesem Zweck ist das Velo mit einer Kamera ausgestattet, die laufend Aufnahmen der befahrenen Strecke macht. Das System erkennt nicht nur, ob und wie stark ein Ort verschmutzt ist, sondern auch womit. Dies erlaubt den Einsatzleitern, aktuell auf die Bedürfnislage zu reagieren und ihre Arbeitskräfte entsprechend einzuteilen.

Datenschutz bleibt immer gewahrt

Nun stellt sich bei automatisierten Bildaufnahmen immer die Frage nach dem Datenschutz. Um hier grösstmögliche Sicherheit für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, werden die Bilder nicht gespeichert. Statt sie an die Zentrale zu senden, wo sie dann wieder gelöscht werden müssten, werden die Daten gleich während der Fahrt mit einem Gerät am Velo ausgewertet. Dies bietet den zusätzlichen Vorteil, dass auch die zu übertragende Datenmenge erheblich reduziert wird. Nach einem dreimonatigen Pilotversuch ist das Mess-Velo mittlerweile zur festen Grösse in der Arbeit der Stadtreinigung geworden. Falls es Ihnen irgendwo auf Basels Strassen begegnen sollte, dürfen Sie ohne Bedenken freundlich winken: Die Fahrerin oder der Fahrer wird sich freuen – und Ihr Bild bekommt ohnehin nie jemand zu sehen!

Mess-Velo als Teil einer umfassenden Digitalisierungsstrategie

Im Interview mit be-digital erklärt Dominik Egli, Leiter der Stadtreinigung Basel, wie sich das neue Velo im Einsatz bewährt und welche weiteren Massnahmen für die Zukunft geplant sind.

Herr Egli, was verändert sich durch den Einsatz des Mess-Velos in der täglichen Arbeit der Stadtreinigung?

Unsere Aufgabe besteht darin, die Stadt sauber zu halten. Üblicherweise erstellt man dafür einen Wochenplan und arbeitet diesen ab. Zusätzlich tauchen immer wieder spontan dringende Aufgaben auf, die ebenfalls erledigt werden müssen. So sind 80 bis 90 Prozent unserer Arbeit geplant, während 10 bis 20 Prozent bedarfsorientiert stattfinden. Dieses Verhältnis möchten wir umkehren. Um das zu schaffen, brauchen wir Daten über den Bedarf. Wo ist es wie schmutzig? Wo steht etwas herum, das abgeholt werden muss? Wo ist es schmutzig – aber es handelt sich um Blätter, die noch ein bis zwei Tage liegen bleiben dürfen? Das betrifft alle unsere Arbeiten, Abfall und Reinigung. Die benötigten Daten werden zunehmend verfügbar. Wir werden alle sich bietenden Sensormöglichkeiten ergreifen, um unseren Teamleitern aufzuzeigen, wo es etwas zu tun gibt. So können sie ihre Planung entsprechend ausrichten. Das Mess-Velo ist der erste Schritt in diese Richtung.

Wo liegt die zentrale Herausforderung auf dem Weg dorthin?

Die grosse Challenge ist die Integration aller Informationen in ein einziges System. Aktuell verwendet jeder Anbieter eines Sensors seinen eigenen Stadtplan, doch das führt zu isolierten Lösungen, die nicht miteinander funktionieren. Dies in den Griff zu bekommen, ist unsere technische Herausforderung für die nächsten Jahre.

Also gibt es auch noch andere Herausforderungen?

Völlig richtig: in der Umsetzung. Bisher war es üblich, dass Teamleiter eine Wochenplanung für Personen und Fahrzeuge aufstellen, die dann abgearbeitet wird. Neu setzen sie sich an den PC, prüfen den Bedarf, der sich aus einer Vielzahl von Informationen ergibt, und leiten daraus die nächsten Aufgaben ab. Unser Job ist es nicht, zu putzen, sondern die Stadt sauber zu halten. Dazu müssen wir situativ reagieren – und daran müssen sich erst alle gewöhnen.

Reicht das eine Velo aus, um alle nötigen Daten zu erheben?

Das Velo hat zwei Anwendungsmöglichkeiten. Einerseits können wir Daten aggregieren, um vergangenheitsorientierte Aussagen zu machen: Wie sauber war die Stadt Basel im letzten Jahr? Wie sieht es üblicherweise an Montagen aus? Oder über den Mittag? Andererseits können wir es für die kurzfristige Einsatzplanung verwenden: Das Velo ist unterwegs und liefert Daten über Verschmutzungen. Dann können wir Mitarbeitende an diesen Ort schicken, die sich darum kümmern. Der vergangenheitsorientieren Einsatz, wir nennen ihn Reporting, funktioniert mit dem einen Velo bereits sehr gut. Das Monitoring, also die zweite Anwendung, befindet sich noch im Testbetrieb.

Welche nächsten Schritte sind in Ihrer Digitalisierungsstrategie vorgesehen?

Hier möchte ich zwei Punkte hervorheben. In einem Pilotprojekt werden im Bachletten-Quartier neue Unterflur-Container installiert. Dabei testen wir ein System, das über Algorithmen prognostiziert, wie voll Container sein werden. Ausserdem werden wir die Abfallkübel in der Stadt durch neue Modelle mit Füllstandssensoren ersetzen. So kann die Leerung bedarfsorientiert erfolgen, was viel Zeit und Ressourcen spart.

Herr Egli, herzlichen Dank für dieses Gespräch!